Dienstag, 18. September 2007

Was Omas Handtasche mit dem Verteidigungsminister zu tun hat

Omas die Handtasche zu rauben und dabei die Omas so zu schubsen, dass sie sich den Oberschenkelhals brechen, ist verboten.
Wenn das nun ein Bösewicht tut und anschließend sagt: „Ich wusste, dass das verboten ist, aber ich hab es absichtlich getan“, kommt zu dem Fall von Missachtung der persönlichen Würde, Diebstahl, schwerer Körperverletzung, womöglich mit Todesfolge (in dem Alter kommt ‘ne Oma schlecht wieder auf die Füße) auch noch abgrundtiefe Unverschämtheit.
Schlimm, aber was hat das mit Politik zu tun, fragt sich der Leser.
Unsere schöne Republik hat neben dem Innenminister noch mehr Politiker der ersten Reihe, zum Beispiel einen, der für die Verteidigung des Landes zuständig ist. Das ist Franz-Josef Jung.
In der aktuellen Debatte geht es um den Abschuss von Passagierflugzeugen, um Terroranschläge wie 9/11 zu verhindern. Wenn Herr Jung Passagiermaschinen zum Abschuss freigeben will, weil Terroristen die Maschine als Waffe nutzen könnten, stellt er sich mit oben genannten Bösewichtern auf eine Stufe, denn das Bundesverfassungsgericht hat unmissverständlich klar gestellt: So nicht! Flugzeuge werden nicht abgeschossen, weil Terroristen an Bord sind, denn die Würde des unschuldigen Luftreisenden ist unantastbar.
Das Urteil ist nicht neu. Der politisch interessierte Bürger fragt sich, warum die Suppe schon wieder aufgewärmt werden muss – etwa bloß, weil sich 9/11 gejährt hat?
Na klar kann es zu einer Katastrophe gut bekannten Ausmaßes kommen, wenn sich Terroristen eines Linienflugzeugs bemächtigen und es in ein bestimmtes Ziel lenken. Da wäre es besser gewesen, das Flugzeug vorher vom Himmel zu holen, möglichst über dünnbesiedeltem Gebiet, damit die Trümmer keinem auf den Kopf fallen.
Aber wer weiß vorher, ob der Pilot und etwa anwesende Psychologen oder Jesus Freaks es nicht geschafft hätten, die Terroristen von ihrem Plan abzubringen?
Viele Flugzeugentführungen enden damit, dass das Flugzeug an einem anderen Ort als geplant landet, alle aussteigen dürfen und der Entführer Asyl beantragt (und das im Knast absitzen darf).
Terroristen zeichnen sich üblicherweise nicht dadurch aus, dass sie dem Pilot ihre Pläne verraten, damit der sie per Funk durchgeben kann. Also kann niemand wissen, ob der maskierte Typ im Cockpit wirklich Terrorist ist und die Bombe an seinem Gürtel echt, oder ob er ganz andere Dinge vorhat.
Herr Jung kann ja ruhig vollbesetzte Flugzeuge abschießen lassen, wenn sie ihm zu nah an Hochhäuser oder das Kanzleramt heranfliegen, aber er sollte wenigstens anders argumentieren.
(und wir sollten mehr fliegen, damit immer einer an Bord ist, der gute Beziehungen nach oben hat, auch wenn der Flieger die maximalen Flughöhe erreicht hat.)

2 Kommentare:

  1. Hm ja... Solche Situationen sind echt nicht einfach. Die Reaktionsszeit, die der US Army zur Verfügung stand um die 9/11 Anschläge zu verhindern war auch nicht so der Hit. Das ging alles relativ schnell. Ich denke mir, das es in Zukunft auch nicht vorausberechenbar ist, was einem Entführer im Kopf herum geht. Und bis man einen Identifiziert hat, im Computer nachgeschlagen hat um evtl. Verbindungen herzustellen vergeht auch Zeit.

    Mal zum Thema noch: Es stellt sich sehr oft die Frage, was ist in einer Situation richtig oder falsch. Das Thema gibt's nicht erst seit 9/11 und wurde auch schcon in diversen Filmen aufgegriffen. Als Politiker sitzt man denke ich oft in der Zwickmühle. Wenn ich auf den Knopf drücke kommt von diversen Organisationen und der Bevölkerung Druck und sie fragt sich, warum. Drückt man nicht auf den Knopf, kommt von anderer Seite Druck. "man hätte doch wissen müssen"...

    In solchen Situationen, so denke ich, kann beides falsch und richtig zugleich sein. Da geht es um Schadensbegrenzung. Die Frage ist: Gibt es andere Mittel und Wege. Und hier müsste man ansetzen. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn die Zeit knapp ist und keine Verbindung zu den Entführern und/oder Passagieren besteht sind die Möglichkeiten stark begrenzt und ein Minister muss eine Entscheidung treffen. Er kommt damit in Zugzwang. Einfaches Schachspiel. Und dann stellt sich die Frage nach Schadensbegrenzung.

    Ich denke nicht, das einem Minister in dieser Entscheidung "freies Geleit" gegeben werden soll, indem man diese Frage nach richtig und falsch im Vorhinein absichert. Das kann nicht sein. Allerdings finde ich auch, dass, wenn eine solche Situation besteht und er zu einer Entscheidung genötigt wird auch den rechtlichen Hintergrund dazu haben muss. Auch wenn das nicht sein Leben oder das seiner Familie betrifft, sondern andere dafür "zahlen" müssen.

    Und wer weiß, was das nächste Attentat ist. Papa weiß es. Und: er hat alles unter Kontrolle, selbst wenn wir nicht mehr am Hebel sind.

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  2. Die Problematik ist sehr schwierig. Ich denke Jung geht es nicht generell darum, ein entführtes Flugzeug abzuschießen, sondern darum was er tun kann, wenn sich so eine Maschine auf eine Großstadt zubewegt und nicht den Flughafen ansteuert...

    Dann ist es egal, ob die Bomben an Bord des Fliegers echt sind, ob der Entführer bekannt ist, dann ist nämlich das Flugzeug die Bombe!

    Und dann kann man schon abwägen, was wertvoller ist: Das Leben von einigen 1000 Menschen und was dann noch beschädigt und zerstört wird oder ein paar hundert Menschen im Flieger.

    Die Würde der bedrohten Stadt ist ja genauso unantastbar...

    Ich bin froh, dass ich die Entscheidung nicht treffen muss. Ich wüsste nämlich nicht, wie ich handeln würde.

    Und was der Typ vom Anfang mit abgeschossenen Flugzeugen zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz.

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Nur Mut. So ein Kommentarfeld beißt nicht.